Wenn es zu dämmern beginnt, werden sie vielleicht zum Leben erwachen. Dann, wenn die Augen des Wanderers nicht mehr die Felswände auf und ab huschen und nach den Dimensionen forschen, um sich in der Größe der Landschaft als Winzigkeit wiederzufinden. Dann klappern und rollen die zu Türmen aufgeschichteten Kiesel und Steine – wenn man es glauben mag – durch das Halbrund der Felsen in der Gautschgrotte, die versteckt in einem Talzipfel liegt, am Rande eines der unzähligen, heimlichen Wanderpfade, welche den Nationalpark Sächsische Schweiz durchziehen.

Die meiste Zeit des Jahres plätschert Wasser in die Gautschgrotte und hinterlässt eine feucht glitzernde Regenbogenspur auf dem Felsen. Nur in der Trockenheit des Hochsommers zieht es sich zurück. Im Winter dagegen kann das Rinnsal zu einem mächtigen Eiszapfen gefrieren.
Wandertipp
Rundweg von Hohnstein durch den Schindergraben ins Polenztal bis zur Waltersdorfer Mühle, von dort über den Schulzengrund hinauf zur Brandaussicht und wieder zurück nach Hohnstein
Auf der rund 12 Kilometer langen Tour ist lediglich der Aufstieg durch den Schulzengrund zur Brandaussicht (ca. 200 Höhenmeter auf etwa 1,5 km Wegstrecke) etwas kräftezehrend. Weite Strecken führen eben durch den Polenztalgrund (ca. 3 km) und auf der Forststraße von Brand nach Hohnstein (ca. 4 km) durch waldreiche Gegend.
Einkehrmöglichkeiten gibt es in Hohnstein, in der Gaststätte Polenztal am Übergang zum Schindergraben, in der Waltersdorfer Mühle (Imbiss – Öffnungszeiten sind bereits am Eingang ins Polenztal ausgeschildert) kurz vorm Aufstieg durch den Schulzengrund, sowie auf der Brandaussicht.
Anreise am besten mit PKW, kostenpflichtige Parkmöglichkeiten in Hohnstein auf dem Parkplatz „Eiche“ auf der Rathausstraße. Ein weiterer Parkplatz befindet sich an der Gaststätte Polenztal sowie oberhalb der Waltersdorfer Mühle, von wo aus der Rundweg ebenfalls gestartet werden kann.
Es ist im Nationalpark Sächsische Schweiz während der warmen Jahreszeit empfehlenswert, unter der Woche wandern zu gehen und das Wochenende sowie Feiertage vor allem auf intensiv genutzten Wanderstrecken nach Möglichkeit zu meiden.
Von Hohnstein zur Gautschgrotte

Die Gautschgrotte ist ein magischer Ort. Ein „Kraftort“, sagen manche, also ein Punkt, an dem sich Energie konzentriert. Aus der Erde, der Luft, dem Wasser, vielleicht auch den Lebewesen. Ein seltsames, hohles Echo füllt das Felsentheater mit leisem Rauschen, Gluckern, Klackern und Rieseln. Alles scheint zu leben hier, doch das Auge sucht vergeblich nach den heimlichen Waldgeistern.
Die Gautschgrotte erreicht man am einfachsten von der kleinen Stadt Hohnstein am Nordrand des Nationalparks aus. Hinter dem Rathaus fällt der Weg in das Dunkel des Laubwaldes ab. Zunächst über den Bärengarten und später den Halbengrund gelangt man in gut dreißig Minuten zur Gautschgrotte.
Unscheinbar, aber dennoch lohnenswert, ist der Aufstieg auf den Ritterfelsen. An einer Wegbiegung um eine niedrige Steinmauer herum, führt linker Hand eine Steintreppe den Hang hinauf. Über Leitern und Stufen geht es weiter, bis man etwa auf Höhe der Burg Hohnstein gelangt ist. Belohnt wird der kleine Abstecher mit einem herrlichen Rundum-Panoramablick.

Der Ritterfelsen kann aber auch bequemer von Hohnstein aus, etwa auf einem kurzen Abstecher auf dem Rückweg, erreicht werden. Dazu am Ende mehr….
Durch den Schindergraben ins Polenztal
Von der Gautschgrotte nimmt man nun den Weg zurück bis zum Aufstieg zum Ritterfelsen. In der markanten Wegschleife biegt ein Weg abwärts durch den Schindergraben ab. Vorbei am Bärenfang geht es in Gesellschaft eines Bächleins den steil abfallenden, holprigen Pfad zur Polenz hinunter. An seinem Ende öffnet sich das Polenztal am gleichnamigen Gasthaus. Dort gibt es sehr leckere, regionale Gerichte, Eis und Kuchen, Bier und Kaffee und die Gesellschaft zahlreicher Wanderer, die das Tal erkunden.

Gut drei Kilometer und eine reichliche dreiviertel Stunde Wanderzeit entfernt vom Gasthaus liegt die Waltersdorfer Mühle an der Polenz. Der Weg führt immer am Fluss entlang, vorbei an beeindruckenden Sandsteinformationen. Zahlreiche flache Stellen am Ufer laden zum Rasten ein. Der Fluss windet sich an imposanten Felsbrocken vorbei. Ein mächtiger Baumstamm quer über dem Fluss verlockt, darüber hinweg zu balancieren. Die hohen Sandsteinwände zu beiden Seiten des Tals sind auch an den steilsten Stellen bewachsen und bieten zahlreichen Tieren Lebensraum. Wanderfalken und Mäusebussarde kreisen über dem Tal.
Das Polenztal gehört zur Kernzone des Nationalparks und genießt damit den höchsten Schutzstatus. Wege dürfen nicht verlassen und Flora und Fauna nicht gestört werden. Aber das Tal empfängt den Wanderer ohnehin mit beeindruckenden und erholsamen Naturerlebnissen.

An einer Stelle weitet sich der Fluss ein wenig, bildet eine kleine spiegelglatte Bucht. Eine leuchtend gelbe Gebirgsstelze mit nur einem Bein wippt, den Schnabel voller Insekten, und hüpft nach kurzer Rast weiter über die Schotterbänke. Über die Wasserfläche saust wie ein Schatten ein Eisvogel lautlos und pfeilschnell mit dem Flusslauf davon und hinterlässt mich ratlos, als wäre er nur ein flüchtiger Gedanke gewesen und gar nicht Wirklichkeit. Ich schaue ihm nach mit der leisen Hoffnung, er komme gleich wieder zurück, doch da ist nur die üppig bewachsene Flussbiegung. An einer anderen Stelle schwebt eine Fledermaus taumelnd und wie in Zeitlupe zwischen den Bäumen über das Wasser. Sie krallt sich an einem Baumstamm fest, verschnauft scheinbar einen Moment und flattert dann umständlich zu uns herüber. Wie verzaubert schauen wir dem winzigen Tierchen zu, wie es über unsere Köpfe hinweg zieht.
Das Polenztal ist für Tierbeobachtungen während dieser Wanderung sicher der interessanteste Abschnitt.
Nationalpark Sächsische Schweiz
Die besondere Schutzwürdigkeit des Elbsandsteingebirges erkannte man bereits vor über hundert Jahren. Das Polenztal bei Hohnstein wurde im Jahre 1911 als das erste Gebiet der Sächsischen Schweiz unter Schutz gestellt und 1940 zum Naturschutzgebiet erklärt.
In den 1950er Jahren setzten weitere Bemühungen zur Errichtung eines zusammenhängenden Areals ein, doch auf der Naturschutzagenda der ehemaligen DDR war das Schutzgebiet als Nationalpark nicht vorgesehen. Mit der Wende 1990 kam es dann schließlich doch zu dessen Gründung, wobei erst zehn Jahre später auch die auf tschechischem Staatsgebiet liegenden Teile der Böhmischen Schweiz mit integriert wurden. Dennoch ist der Nationalpark Sächsische Schweiz kein internationalen Standards entsprechendes Schutzgebiet. Danach müssen nämlich 75% der Fläche zur hochgeschützten Kernzone gehören. Die historische und landschaftliche Struktur der Sächsischen Schweiz mit ihren unzähligen Wander- und Forstwegen, den vielen Ortschaften in den Tälern und die Notwendigkeit deren Zugänglichkeit machen die Umsetzung dieser Vorgabe höchst schwierig.
Eine Besonderheit dieser Landschaft jedoch ist ihre enorme Vielschichtigkeit. Anders als beispielsweise das Wattenmeer zeichnet sich das Elbsandsteingebirge naturgemäß durch eine Dreidimensionalität aus, in welcher sich der Mensch zumeist in den Talsohlen oder den Hochflächen bewegt. Das Leben in den Sandsteinformationen findet jedoch auf vielen Ebenen dazwischen statt. Unzugängliche Felsvorsprünge, versteckte Höhlen und Nischen, die der Regen in das Gestein gewaschen hat, unwegsame Klamms und von namenlosen Wasserläufen geformte Rinnen und Spalten, stille Gipfel auf Felsnadeln und steile Felswände schaffen ein Landschaftsbild, in dem so heimliche Geschöpfe wie der Luchs oder die Gämse sich dauerhaft ansiedeln konnten.

Hinauf zur Aussicht Brand

An der Waltersdorfer Mühle quert eine kleine Versorgungsstraße die Polenz. Hinter der Brücke geht es zunächst wieder ein Stück zurück entlang des Flusses, bis rechter Hand ein Pfad den Hang hinauf in den Schulzengrund abzweigt. Der Weg wird rasch steiler und wandelt sich schließlich in einen Stufenweg, der durch diesig-braunen Fichtenwald zur Brandaussicht führt. Die Fichte ist kein typischer Baum des Elbsandsteingebirges. Die Wälder wurden seit jeher gerodet und die Baumstämme von Flößern über die Wildbäche wie die Kirnitzsch talabwärts gebracht. Aufgeforstet wurde danach mit Fichte, sodass die Bestände derzeit fast 50 Prozent im Wald des Nationalparks ausmachen. Das sieht nicht nur furchtbar aus, es ist auch aus ökologischer Sicht ohne größere Vorteile und so versucht man seit einiger Zeit, die Monokulturen durch die urspünglichen Waldformen aus Buchen und Weißtannen zu ersetzen.
Die Monotonie des Anstiegs muss man aushalten. Mein Herz pocht bis in die Schläfen hinauf und jedes Geräusch wird von meinem angestrengten Atem übertönt. Meine Gedanken driften etwas ab in vergangene Zeiten, wo hinter den Kuppen oben am Hang vielleicht Wegelagerer lauerten und unbescholtene Wanderer ihrer Habe und vielleicht auch ihres Lebens beraubten. So schön die Landschaft ist, so verwunschen, einsam und malerisch, ja romantisch gar im engsten literarischen Sinne – wild, gefährlich, mysteriös – so karg und anstrengend war auch das Leben in ihr. Ein Ort, an dem es sich gut zu verstecken gelang vor König und Henker.

In einigen letzten, steilen Windungen schließlich erreicht der Weg das Plateau. Lichter Laubwald umgibt uns, lädt zum kurzen Verschnaufen ein. Über den Baumkronen taucht für wenige Augenblicke die Silhouette eines Greifvogels auf. Die entlegenen Felsvorsprünge stellen ideale Plätze für die Aufzucht der Jungen dar und die Gewässer, Wälder und Wiesen im Nationalpark liefern reichlich Nahrung.
Über eine Forststraße geht es das letzte Wegstück zur Brand-Baude. Von hier aus kann man einen der atemberaubendsten Ausblicke der Sächsischen Schweiz genießen. Nicht umsonst wird die Aussichtsterrasse auch als „Balkon der Sächsischen Schweiz“ bezeichnet. Das Polenztal zu Füßen kann sich das Wandererherz eine Zeitlang dem Panorama hingeben, etwas stolzerfüllt wohl auch, denn der anstrengendste Teil der Wanderung liegt nun bereits hinter ihm.

In Brand befindet sich eine Infostelle des Nationalparks. Schwerpunktmäßig geht es um das Polenztal, welches sich unterhalb des Plateaus erstreckt.
Von Brand aus gelangt man auf der Forststraße nach etwa vier Kilometern zurück nach Hohnstein, oder über die so genannten Brandstufen wieder hinunter ins Polenztal. Der Forstweg ist wenig aufregend und hat nichts wild-romantisches an sich. Tatsächlich gibt es relativ viele dieser Schotterstraßen, auch um die Bergwirtschaften zu versorgen. Aber sie lassen eben erkennen, wie durchdrungen der Nationalpark von unserer Zivilisation ist, wie sie sich hinein gesponnen hat in die Landschaft, die mitunter so unberührt wirkt. Andererseits hat dieses Wegenetz auch einen Vorteil, denn in der zerklüfteten Landschaft kommt es immer wieder zu Unfällen. Gute Versorgungsstraßen bieten dann auch die Möglichkeit schneller Hilfe.
Wer nun noch den bequemeren Abstecher zum Ritterfelsen nehmen möchte, folgt nach der Rückkehr nach Hohnstein der Brandstraße durch ein Wohngebiet vorbei am Seniorenheim bis die Breitscheidstraße kreuzt. Dieser nach links folgen und an deren Ende wieder rechts auf die Waldstraße abbiegen. Nach einer leichten Rechtsbiegung zweigt linker Hand ein kleiner Weg ab, der direkt zur Aussichtsplattform führt. Zurück auf der Waldstraße, die nach einer Rechtskurve auf die Max-Jacob-Straße führt, erreicht man bergab nach 200m den Parkplatz „Eiche“.
Links
Zum GURKENGLAS
Informationen zum Nationalpark Sächsische Schweiz
Homepage des Nationalpark Sächsische Schweiz mit umfangreichen Informationen zur Natur, Ausflugszielen und aktuellen Informationen
Offizielle Nationalpark-Seite: Grundsatzbroschüre (pdf) – sehr empfehlenswert als Einstiegslektüre über den Naturraum und seine historische Entwicklung zum Schutzgebiet, aber auch zu aktuellen Geschehen und Informationen zur touristischen Nutzung
